Morgen
ist der Tag, an dem ich es drehen und wenden kann, wie ich will: Ich bin 55
Jahre alt!
In
meinem Alter ist es also nur gerecht, wenn ich mir schon mal für heute einen
Vorgeburtstagstag gönne. Das hebt die Laune ungemein.
Während
ich mir meinen Morgenkaffee brühe, döst Max noch mal vor sich hin und ich male
mir aus, wie das morgen –an meinem echten Geburtstag- wohl so sein wird:
Wahrscheinlich
werden die fünf stärksten Männer des Dorfes schon ziemlich früh am Morgen an
meiner Eingangstüre stehen, um mich auf einem Podest durchs Dorf zu tragen. Die
Straßen sind links und rechts gesäumt von netten Menschen, die mir zuwinken mit
kleinen Fähnchen, worauf mein Bildnis im Winde flattert. Welch eine Freude. Ich
winke ihnen schüchtern zu…
Als
man mich wieder zu Hause absetzt, nehme ich die vielen Anrufe auf meiner
sonnendurchfluteten Terrasse entgegen. Menschen, die mir weiterhin, und
besonders in diesem doch mitunter schwierigen Alter, alles Liebe und Gute
wünschen.
Die
Postbotin schleppt einen Zentnersack von Geburtstagsgrüßen herbei und ich
verbringe den restlichen Vormittag mit lesen. Besonders die Soundkarten mit dem
Lied „Fuck Age“ bringen mich zum Lachen.
Der
Nachmittagsgang mit Max ist wunderbar, denn die Menschen haben Blumen für mich
auf die Wege gestreut.
Kaum
kehre ich mit dem Hund zurück, sind die knackigen männlichen Models schon damit
beschäftigt, den Tieflader mit den Geschenken in unsere doch recht enge Straße
einzuweisen und die Pakete abzuladen.
Die
Frauen des Dorfes haben Kuchen für mich gebacken und decken den langen Tisch in
meinem Garten während das ungemein süße Model von „Davidoff’s Cool Waters“ mir
lächelnd zuraunt, dass ich noch super toll aussehe für mein Alter... ich senke
schüchtern den Blick.
Aaaach
jaaahhhh…
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Max
stupst mich am Ellenbogen und ich widme mich der Realität. Wir gehen die
Schnuffelrunde auf der anderen Seite des Dorfes, dort, wo sich mehr Hunde
tummeln als auf dieser Seite. Max schnuffelt vor sich hin und ich überlege mir,
was ich so alles vorbereite für meinen großen Tag.
Die
wenigen Menschen, die sich angekündigt haben, werden so gegen vier Uhr da sein.
Die von weit her kommen, wollen schon heute Abend kommen und nächtigen.
Also
gehe ich nach dem morgendlichen Spaziergang erst einmal einkaufen, backe schon
mal einen saftigen Schoko-Kirsch-Kuchen und koche ordentlich vor. Ich habe mir
für das Abendessen ein wunderbares Goulasch überlegt und einen Riesentopf
gekocht.
Am
Nachmittag erfahre ich, dass die von „Weit-Weit-Weg“ doch nicht kommen und
hoffe, dass die anderen vier Gäste mächtig viel Hunger und Durst haben.
Am
Vormittag meines Geburtstages backe ich den zweiten Kuchen, einen Träublekuchen
mit Johannisbeeren aus meinem Garten und stelle die Getränke kalt. Bier, Wein
und die Cocktailbar ist ebenfalls bestens gefüllt.
Meine
Gäste kommen und…. sind um 18.00 Uhr alle wieder verschwunden.
Ich
werde mich nun wochenlang täglich besaufen können und habe Goulasch bis 2012
eingefroren.
Liegt
das am Alter?
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